Ist Rendite tatsächlich das Anlagekriterium, nach dem Sparer und Anleger:innen entscheiden? Man ist immer wieder verleitet, dies zu glauben, wenn man Veröffentlichungen und Studien unterschiedlicher Herkunft liest, die sich mit dem Thema Rendite als Anlagekriterium beschäftigen. Aktuell hat zum Beispiel Commerz Real in einer Studie untersucht, ob Anlegern Nachhaltigkeitskriterien bei einer Geldanlage wichtiger sind als Rendite (1). Ob es hierzu einer weiteren Studie bedarf, ist aber nicht das eigentliche Thema dieses Beitrages. Denn nachhaltige Geldanlagen müssen gegenüber nicht ökologisch und sozial ausgerichtete Geldanlagen keine Renditenachteile haben. Dazu mehr am Ende dieses Beitrages. Zunächst geht es um die Fragestellung, ob die Rendite überhaupt das im Vordergrund stehende Entscheidungskriterium von Sparern und Sparerinnen ist.
Rendite ist nur ein Anlagekriterium, nicht aber das einzige Anlagekriterium
Natürlich ist es richtig (und gut), dass Sparer und Sparerinnen nach der Rendite als Anlagekriterium entscheiden, schließlich ist es gerade in Zeiten zunehmender Inflation wichtig, dass das Vermögen vermehrt wird und nicht an realer Kaufkraft verliert.
Aber: Jede Form der Geldanlage ist durch mehr als nur die Rendite gekennzeichnet. Das häufiger erwähnte Magische Dreieck der Geldanlage verdeutlicht dies:
Das magische Dreieck
Jede Form der Geldanlage ist dadurch gekennzeichnet, dass sie die drei Kriterien
- Sicherheit
- Rendite
- Liquidität
in unterschiedlichem Umfang erfüllt.
Würde eine Form der Geldanlage eine absolute Sicherheit bieten und dabei die größtmögliche Rendite erzielen, und würde das angelegte Geld zu jeder Zeit verfügbar sein, so wäre dies Zauberei. (Deshalb die Bezeichnung „Magisches Dreieck“). Mehr dazu und was dies ganz praktisch für Ihre Geldanlage bedeutet, lesen Sie hier: Optimales Sparen
Zu fragen ist also nicht nur, ob dem Sparer oder der Sparerin die Rendite wichtiger ist als Nachhaltigkeitskriterien. Es ist ebenso zu fragen, zu welchem Preis möglicher (auch zwischenzeitlicher) Verluste, also geringerer Sicherheit, nachhaltige Anlagen gegenüber konventionellen Anlagen bevorzugt werden. Und hier wird die Entscheidung nicht so eindeutig für nachhaltige Geldanlagen ausfallen, wie in der Studie gezeigt.
Die Realität: Anlagekriterien sind auch Drawdown und Volatilität
Auch wenn die meisten Anleger:innen diese Begriffe nicht kennen, so stehen diese Kriterien in Stresssituationen im Vordergrund:
- Der Drawndown gibt die Höhe des maximalen Verlustes über einen bestimmten Anlagezeitraum oder Betrachtungszeitraum an. Idealerweise sollte dieser Anlagezeitraum einem möglichst langen Zeitraum entsprechen. (2)
- Volatilität ist ein Maß für die Schwankung eines Wertpapiers, Fonds oder ETF (3).
Starke Kursverluste (Drawdown) oder hohe Schwankungen des Wertes einer Anlage (Volatilität) werden meist emotional nicht gut verkraftet, wenn sie denn tatsächlich eintreten. Und trotz vieler Untersuchungen, dass zum Beispiel Aktienanlagen langfristig die besten Renditen erbringen, fällt bei hohen Kursverlusten häufig die Entscheidung zu verkaufen. Angaben zu Drawdowns und Volatilitäten im Vorfeld würden mehr Sicherheit schaffen. Dies und mögliche Schwankungsbreiten stehen bei der Beratung von FORAIM daher immer im Vordergrund. Und Kunden:innen honorieren dies.
Wünschenswert wäre es also, wenn diese Begriffe gleichberechtigt, neben dem Begriff Rendite, in den vielen Veröffentlichungen zu finden wären, die dem Sparer und der Sparerin Orientierung bei der Wahl einer Geldanlage bieten sollen.
Wie steht es mit anderen Anlagekriterien als Rendite bei nachhaltigen Geldanlagen?
Die Drawdowns bei nachhaltigen Anlagen im Aktienbereich und bei Anleihen dürften sich in etwa auf gleichem Niveau wie bei klassischen Geldanlagen bewegen. Betrachtet man allerdings ein Gesamtportfolio unterschiedlicher Formen der Geldanlagen, so fehlen bei nachhaltigen Geldanlagen aber alternative Anlageformen, die zu einer weniger stark schwankenden Entwicklung der Gesamtanlage führen können. Leider, denn grundsätzlich befürworten wir den Ansatz nachhaltiger Geldanlagen
Exkurs: Rendite bei nachhaltigen Anlagen im Vergleich
Nachhaltige Geldanlagen müssen im Bereich der Rendite keine Nachteile gegenüber klassischen Geldanlagen aufweisen. Hierzu berichtet zum Beispiel ntv (4) unter Bezugnahme auf die Stiftung Warentest, dass im Zeitraum von September 2016 bis September 2021 eine konventionelle weltweite Anlage in Aktien einen Wertzuwachs von 197 % erzielte, während eine entsprechende nachhaltige orientierte Anlage einen Wertzuwachs von 214 % erzielte.
Quellen / Links:
DAS INVESTMENT, Studie – ESG-Gedanke wird wichtiger – Rendite rückt in den Hintergrund, 27.4.2022
Recht verständlich wird der Begriff Drawdown hier erklärt: Focus Online, Börsenportal
Neue Zürcher Zeitung, Finanzlexikon, Was ist Volatilität?
ntv, Ratgeber – Nachhaltig versus klassisch – Welche Anlage bringt mehr Rendite?, 16.09.2021